Blog

„Darf ich auch alle unbearbeiteten Fotos haben?“ – meine Antwort darauf als Fotograf.

„Darf ich auch alle unbearbeiteten Fotos haben?“ – meine Antwort darauf.
Nein.
Warum „Nein“? Erkläre ich gleich in den nächsten Zeilen.
Ich bin mir sicher, fast jeder Fotograf kennt die folgenden Fragen/Aussagen:
Darf ich auch die restlichen Fotos haben? Die müssen auch nicht bearbeitet werden. Ich finde sie alle schön“ Ich persönlich habe dies schon oft gehört.
Wie gesagt, die kurze Antwort ist „Nein“. Ich möchte hier aber auch erklären warum.

Das hilft vielleicht dem einen oder anderen Kunden es besser zu verstehen und auch manchen Fotografen um dies besser erklären zu können.

Vor und nachher - „Darf ich auch alle unbearbeiteten Fotos haben?“ – meine Antwort darauf als Fotograf. - Fotoagentur Bremen
Auf dem Foto: Aileen

Jetzt gibt es sicher Einige die sagen, dass nur unretouchierte Bilder „echt“ sind. Darum ein paar Worte zum Entwicklungsprozess…

RAW & JPEG

Dazu ein kurzer Ausflug zu den Themen RAW und JPEG. Wenn also jemand sagt, dass ein Bild nur echt ist, wenn es nicht bearbeitet ist, dann sollte besser nie in JPEG fotografiert werde. Das RAW Format speichert alle Daten eines Bildes unbearbeitet – also roh. Jede Kamera, die ein JPEG speichert, wendet bereits bestimmte Einstellungen automatisch (Kontrast, Sättigung, Weißabgleich, …) auf das Bild an. Somit ist dieses Bild eigentlich nicht mehr das „unbearbeitete“ Bild. Abgesehen davon, Retusche ist nicht erst seit Photoshop üblich – retuschiert bzw. optimiert wurde auch schon zu den Zeiten der Dunkelkammer – nur eben wesentlich aufwändiger.

Das heißt aber auch, würde ich die „unbearbeiteten“ Bilder senden bzw. übergeben, wären das RAW Dateien, die viele Endkunden ohne entsprechende Software gar nicht erst öffnen könnten. Diese Tatsache legt schon ein wenig vor, dass diese Bilder nicht final sind und noch durch den Profi – inkl. aller Anpassungen – in ein JPEG umgewandelt werden müssen.

Stil, Art, Bearbeitung

Abgesehen davon, hier ein weiterer wichtiger Aspekt, warum ich „Nein“ sagen muss:

Der Kunde, der mich bucht, kennt üblicherweise meine Fotos. Das bedeutet, er/sie meldet sich bei mir und bucht mich, weil mein Stil, meine Bearbeitung und meine Art der Fotografie gewünscht sind.

„Aber es könnte doch sein, …

dass mir ein anderes Foto noch besser gefällt?“.

Auch das habe ich oft gehört. Bei fast jedem Shooting ist es so, dass es von einer Pose oder einem Thema, mehrere (viele, viele) Bilder gibt: einige sind unscharf, bei einigen sind die Augen geschlossen, etwas Störendes befindet sich im Hintergrund, Fingerspitzen an der falschen Stelle, zu hell, zu dunkel, Haar im Auge, doppelte Bilder….

Es ist der Job des Fotografen hier auszusortieren und nur die Besten weiterzugeben – und jeder kennt diese Vergleiche, wo die Bilder fast identisch sind – aber auch hier muss sortiert bzw. gewählt werden, bis nur noch die Besten übrigbleiben.

Sollten es 2 verschiedene Fotos geben, die beide gut sind – warum sollte ich dieses dann nicht weitergeben?

„Wie kann ich mir sicher sein, dass die richtigen Fotos ausgesucht werden?“

Aber genau dafür wurde ich doch gebucht 😉 – ich sehe die Bilder ja schon alle einmal bei der Entstehung – das heißt im Sucher meiner Kamera. Somit weiß ich schon, wo die „guten“ Bilder sind. Und der Rest ist Erfahrung. Hand abgeschnitten, keine Linienführung, Unruhe im Bild, etc.

Ich hoffe, dass dieser Artikel dabei hilft, die Sicht des Fotografen besser zu verstehen. Jedes Bild, das den Namen des Fotografen trägt, zeigt seine Leidenschaft, seinen Stil und seine Professionalität. Aufgrund dieser Bilder wird er wieder – oder eben nicht mehr – gebucht. Darum ist es so wichtig, nur professionelle Bilder weiterzugeben. Die Antwort auf die am Anfang gestellte Frage sollte jetzt beantwortet sein. 😉

Dieser Artikel bezieht sich auf das Geschäft zwischen Fotografen und Endkunden. Es verhält sich anders, wenn der Kunde zB. eine Agentur (mit eigenen Bildbearbeitern, Designern, …) ist.